Kann eine Feldbahnlok gedruckt werden?


77 23.02.2019


Der Gmeinder-Diesel aus dem Drucker fertig lackiert in Foto-Position.
Der Gmeinder-Diesel aus dem Drucker fertig lackiert in Foto-Position.

Nach den ersten Gehversuchen in der 3D-Drucktechnik mit Gleisen und Loren stellt sich nun die Frage, ob auch ganze Feldbahnlokomotiven im 3D-Druck entstehen können. Dem bin ich an einem Beispiel nachgegangen.


Mission

Die Druckergebnisse der Gleise (siehe Stückgleise) und einiger Loren (siehe Lorenfabrik 2.0) haben mich zu einem größeren Druckprojekt ermutigt. Derzeit kann ich mit meinen Startkenntnissen so ein Fahrzeug noch nicht selbst konstruieren. Also habe ich auf Thingiverse nach einer geeigneten Vorlage geschaut.

Gute und schlechte Vorlagen

3D-Konstruktionen sind mit geeigneten Werkzeugen schnell angefertigt. Das 3D-Modell weiß auch noch nichts über die Druckbarkeit, es ist eben nur ein Modell. Der 3D-Drucker kann das 3D-Modell nicht direkt drucken. Er versteht nur die Maschinensprache GCODE, mit der auch CNC-Fräsen arbeiten. Mit einer zusätzlichen Software - dem Slicer - wird das 3D-Modell in Maschinenanweisungen umgewandelt. Der Slicer versucht immer aus dem Modell geeigneten Code zu generieren. Oft sind Stützstrukturen notwendig, damit freihängende Bereiche des Modells nicht einfach herunterfallen. Für den Ersteller ist die Konstruktion eines 3D-Modells in einem Stück der komfortabelste Weg. Alles passt zusammen und das Modell lässt sich ganzheitlich betrachten. Jedoch muss beim Druck viel Stützmaterial verwendet werden, was eine umfangreiche Nachbearbeitung erforderlich macht.

Die Zeichnung zeigt einen Dieselgenerator. Der 3D-Druck enthält soviel Stützmaterial, das kaum entfernbar ist.

Solche Vorlagen halte ich für schlecht, da sie nicht gut druckbar sind. Besser ist es, wenn das Projekt in mehreren Baugruppen konstruiert wird. Dabei sollten die Besonderheiten der 3D-Drucker berücksichtigt werden. Zu den guten Vorlagen gehört die hier gezeigte Diesellok. Ein einfacheres Beispiel für eine gute Vorlage ist dieses Fass als Playmobil-Zubehör, was auch dem Maßstab 1:22,5 entspricht. Das Projekt besteht aus 3 Teilen, von denen jedes für sich gut druckbar ist. Sicher hätte man das Fass auch als ein Modell gestalten können, dann wäre jedoch eine Stützstruktur als Füllung notwendig gewesen, damit der Deckel auf dem Fass gedruckt werden kann. Auch die Entscheidung mit dem zweiteiligen Deckel ist geschickt.

Bei der Montage müssen die Teile verbunden werden. Meist ist eine Klebeverbindung ausreichend.

Die Vorlage

Meine Vorlage für dieses Experiment stammt von Leif Myrberg. Die Konstruktion ist mehrteilig und für den 3D-Druck optimiert. Nach meinen Recherchen ist es Gmeinder-Diesel in der 20 PS Klasse mit einem 1-Zylinder-Motor.

Gmeinder-Feldbahndiesel von Thingiverse.
Gmeinder-Feldbahndiesel von Thingiverse.

Die Lok besteht aus vielen Einzelteilen, die alle für den 3D-Druck optimiert sind. Flache Teile liegen immer auf der Arbeitsfläche und werden ohne Stützstrukturen angefertigt.

Die Anzahl der Einzelteile scheint unendlich. Hier eine Übersicht:

  • Achsrahmen mit Rädern: 11 Teile
  • Lokrahmen: 10 Teile
  • Motorattrappe: 9 Teile
  • Vorbau: 11 Teile
  • Führerhaus: 17 Teile

Das sind zusammen 58 Teile. Da dauert der Druck schon eine ganze Weile. Interessant ist, dass dieses Modell für den motorisierten Betrieb vorgesehen ist. Es kann auch als Standmodell mit einer Motorattrappe erstellt werden. Dem Beitrag auf Thinigverse liegt eine Bauanleitung im PDF-Format bei.

3D-Druck

Nach einer endlosen Zeit waren alle Teile gedruckt. Ich habe PLA als Material verwendet. Manche Teile musste ich zweimal drucken, da die dünnen Flächen sehr zum Warping neigen. Dabei krümmt sich das Material vor allem an den Ecken. An einigen Stellen kann man das noch sehen. Die Teile hatte ich bereits im letzten Jahr mit dem Anycubic i3 mega gedruckt. Heute würde ich das Modell in PETG drucken.

Etwas ist mir aufgefallen: runde Stangen sind nicht das Lieblingsgebiet eines 3D-Druckers. Also Achsen und das Auspuffrohr sollten anderweitig gefertigt werden.

Alle Teile sind gedruckt.
Alle Teile sind gedruckt.

Montage

Ich hatte mich für die unmotorisierte Variante der Lok entschieden. Ein Grund dafür war, dass es zwar ein paar Vorbereitungen wie Löcher für den stehenden Motor gibt, jedoch die konkrete Ausführung genauer geplant werden müsste. Ich denke, dass das Antriebskonzept aus einem stehenden Getriebemotor mit Kegelradgetriebe besteht. Damit würde eine Achse angetrieben werden. Die zweite angetriebene Achse wäre in meiner Welt schon wieder schwierig, weil der Achsrahmen relativ schmal ist und so ein Kegelrad Platz braucht. Besser ist es, den Achsrahmen als Außenrahmen auszuführen. Platz ist genug vorhanden. Auf den Bildern des Modelle (siehe Thingiverse) ist eine Ansicht von unten vorhanden. Dort sieht man einen Achsrahmen aus Metall.

Und dann ist noch die Sache mit den Rädern. Die gedruckten Lok-Räder sehen gut aus. Für ein fahrtaugliches Model würde ich unbedingt Metallräder nutzen. Die großen Gawronschen NS2-Räder (500 mm Vorbild) würden gut passen.

Somit ist es ist das unmotorisierte Modell geworden. Es sieht in meiner Vitrine neben meiner Henschel DG 39 (siehe Henschel DG39), die ebenfalls unmotorisiert ist, nett aus.

Den Lokrahmen aus 9 Teilen habe ich mit Sekundenkleber zusammengebaut. Wirklich toll ist, dass der Autor auch an Kleinigkeiten wie Winkel zur Verstärkung der Ecken gedacht hat.

In den Lokrahmen gehört der Achsrahmen und die Abstandsplatte (vorn im Bild).

Die Löcher in den Teilen sind für den Motor vorgesehen.
Die Löcher in den Teilen sind für den Motor vorgesehen.

Nach der Montage aller Teile in zwei Baugruppen (Lokrahmen und Aufbau) sieht das Modell so aus:

Als Achsen habe ich Kunststoff-Rundstangen mit 2 mm Durchmesser verwendet. Die Räder sind nah an den Rahmen geschoben. Gerade so kann die Lok auf den 30 mm Feldbahngleisen stehen. Hier sieht man genau, dass der Rahmen für 32 mm Spurweite konstruiert wurde. Sie rollt auch nicht gut. Zwischen einem Roll- und einem Standmodell gibt es doch noch einen Unterschied. Aber das liegt jetzt nicht am Modell, sondern an meinem Fusch.

Lackierung und Alterung

Die Farbgebung erfolgt klassisch rot/grün.

Nach einer Vallejo-Grundierung erfolgte der Farbauftrag mittels Airbrush. Nach dem Trocknen konnte ich mich richtig austoben, da es eben ein Standmodell ist. Rost wurde mit dem Rost-Set von Vallejo aufgetragen und die Schmutzspuren entstanden mit verschiedenen Washes.

Galerie des fertigen Feldbahn-Diesels

Als Nachschlag zum Baubericht über den gedruckten Gmeinder-Diesel gibt es noch einige Nahaufnahmen des Modells. Damit könnt ihr euch ein Bild über die Druckqualität machen.

Nahaufnamen des fertigen Feldbahn-Diesels

Fazit

Der Bau dieser Lok hat richtig viel Spaß gemacht. Auch wenn es „nur“ ein standfähiges (Rollen geht nicht so gut) Vitrinen-Modell ist, stellt es dennoch eine Bereicherung da. Die Konstruktion ist hervorragend und kann auch in einem eigenen Modell enden.

Über ein weiteres motorisiertes Modell habe ich auch ein wenig nachgedacht. Der Achsrahmen müsste neu konstruiert werden, was jedoch nach jetzt fast einem Jahr Fusion 360-Erfahrung nicht mehr so schwierig ist. Da das Modell groß ist, müsste ein größerer Motor und ordentlich Ballast-Gewicht verwendet werden. Dann sieht es jedoch mit dem Platz nicht mehr günstig aus. Der Motorraum wäre mit Motor und Elektronik ausgefüllt und der Akku muss noch irgendwo untergebracht werden. Ein guter Platz wäre sicher im Führerhaus zu finden, da dieses wirklich üppig dimensioniert ist.

Aber momentan sind das nur Gedanken. In Anbetracht der vervorragenden Konstruktion ist dieses Modell mein absoluter Favorit für ein weiteres Bauvorhaben.

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