Geisterlore mit Antrieb und Sound
im Maßstab 1:16
104 04.11.2020
Inhaltsverzeichnis
Mission
Ein Teil meines Hobbys ist die Konstruktion und der Bau von Feldbahn-Lokomotiven im Maßstab 1:16. Dieser Maßstab ist groß genug, um im 3D-Druck gute Ergebnisse zu liefern. Fahren können die Fahrzeuge auf OS-Railway-Schienen mit 32 mm Spurweite. Das entspricht 500 mm im Vorbild. Leider stehen die Fahrzeuge nach dem Aufbau meist in der Vitrine, sodass eine Motorisierung kaum lohnt. Auch habe ich das Problem der geringen Masse noch nicht lösen können. Die aus Kunststoff gedruckten Fahrzeuge sind einfach zu leicht. Im Maßstab 1:22,5 konnte ich auf Feldbahnräder und Achsen aus Messing oder Edelstahl zurückgreifen, die genügend Masse einbrachten. Jedoch im größeren Maßstab fehlt diese Alternative.
Um dennoch gelegentlichen Fahrbetrieb zu gewährleisten, gibt es jetzt einen Geisterwagen, der Motor, Akku und Steuerung enthält. Außerdem besitzt dieser Wagen genügend Masse, um Loks und Loren schieben und ziehen zu können.
Ein besonderes Highlight ist der Sound-Dekoder. Seit 2016 liegt ein Benedini-Soundmodul in der Werkstatt. Im Artikel Deltang und Sound hatte ich die ersten Schritte beschrieben. Bislang hat sich kein geeigneter Verwendungszweck gefunden, aber jetzt ist die Zeit reif.
Konstruktion
Allgemein
Die angetriebene Lore ist etwas größer als die Feldbahnloren (siehe Artikel Lorenbaukasten). Orientiert habe ich mich an Munitionstransportwagen. Einige Bilder sind auf der Seite Panzerbaer zu sehen. In GN15 habe ich ähnliche Loren gebaut (siehe Artikel GN15-Loren). Also etwas länger und etwas breiter sowie ein größerer Achsabstand als bei den gewöhnlichen Feldbahnloren.
Antriebskonzept
Als Räder nutze ich bei diesem Fahrzeug 22,5 mm Scheibenräder aus Edelstahl von Herrn Gawron. Es sind die letzten Restbestände dieser wunderbaren Artikel, sodass es vermutlich auch das letzte Fahrzeug mit dieser Ausstattung sein wird. Im Maßstab 1:22,5 entsprechen diese Räder den 500 mm Ns2 Rädern. Im Maßstab 1:16 sind es umgerechnet 350 mm. Das ist eine vernünftige Größe für Lorenräder.
Die Räder haben Buchsen, in die 3.5 mm Messingachsen gesteckt werden. Für dieses ungewöhnliche Maß sind neue Kugellager mit den Dimensionen 7x3.5x2.5 notwendig.
Als Motor verwende ich einen Faulhaber-Getriebemotor 2619333 mit 150 U/min bei 3 V Betriebsspannung (Leistung: 1 Watt). Das passt sehr gut zu den 1S LiPo-Akkus (eine Zelle mit 3,7 V Spannung). Der Motor ist stehend montiert und überträgt die Kraft über ein Kegelradgetriebe (Modul 0.5, 20 Zähne) auf eine Achse. Die zweite Achse wird über eine Hettler-Kette und Kettenräder angetrieben.
Als Alternative können auch 3 mm Karbon-Achsen mit den Feldbahn-Rädern aus dem Lorenbaukasten verwendet werden. Diese werden in Kugellager 6x3x2.5 mm gelagert. Ein modifiziertes Seitenteil für den Lorenrahmen ist im Download enthalten.
Lorenrahmen
6 Teile bilden den Lorenrahmen. Die Einzelteile werden mit M2-Schrauben verbunden. Die Kupplungen sind waldbahntypisch massiver als die Kuppeldorne der kleinen Loren.
Download 3D-Modell (keine Einzelteile)
- lorenrahmen-komplett.stl [2.11 MB]
Der Lorenrahmen mit Metallachsen bringt bereits 122 g auf die Waage, 76 g davon entfallen auf die beiden Radsätze.
Lorenaufbau
Der Lorenaufbau besteht aus nur drei Teilen:
- Eine Schale für die Aufnahme des Motors und des Lautsprechers. Auch der Lorenrahmen wird hier befestigt.
- Ein Kasten-Gehäuse mit Bretter- und Nietennachbildung.
- Ein Deckel, der die Elektronik abdeckt.
Die Schale sieht aus wie eine Wanne. Dieser abgeschlossene Raum wird mit Bleikugeln gefüllt und mit Gießharz aufgefüllt. So wird das Zielgewicht von 600 g erreicht.
Elektronik und Steuerung
Der Benedini TBS Micro V2-Baustein wird über zwei Ports am Deltang-Empfänger bedient. Die Programmierung hatte ich bereits im Artikel Deltang und Sound vorgestellt. Der Vorwiderstand am Lautsprecher ist zur Reduzierung der Lautstärke notwendig. Im fliegendem Testaufbau hatte ich 47 Ohm verwendet. Als Lautsprecher dient der ESU 50323 mit Schallkapsel. Dieser 40 mm Lautsprecher (8 Ohm Widerstand) sorgt für einen angemessenen Sound. Besser geht immer.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Stromverbräuche des Empfängers mit den Funktionen (47 Ohm Widerstand vor Lautsprecher):
Konfiguration | Stromaufnahme |
---|---|
Ruhestrom (Motor aus, Sound aus) | 36 mA |
Stand mit Sound | 54 mA |
maximale Geschwindigkeit mit Sound | 120 mA |
maximale Geschwindigkeit ohne Sound | 85 mA |
normale Geschwindigkeit mit Sound | 90 mA |
normale Geschwindigkeit ohne Sound | 60 mA |
Die Stromaufnahme ist kleiner als gedacht. Der Faulhaber-Getriebemotor ist super sparsam. Mit einem 1S Lipo Akku mit 1500 mAh beträgt der Fahrspaß über 10 Stunden.
Über den 3-Wege-Taster am Tx20 wird die Soundfunktion bedient. Der Benedini Sounddekoder ist immer eingeschaltet, die Geräusche dagegen werden durch den Deltang-Empfänger zugeschaltet. Der Taster in Richtung A schaltet das Motorengeräusch ein. Nochmaliges Drücken am Taster schaltet den Sound aus. Dabei wurde der Start bzw. das Abstellen des Motors gut nachempfunden. Der Taster in Richtung B schaltet die Hupe.
Der Motor ist ein Faulhaber-Getriebemotor 2619S003 SR 33:1. Bei 3V gibt der Motor 151 U/min (1W Leistung) ab. Umgerechnet auf das Vorbild sind das etwas mehr als 10 Km/h. Dieser Motor ist der ideale Modellbahnmotor für 1S Lipo-Zellen. Leider hat Faulhaber die 3V-Modelle des 2619-Motors aus dem Programm genommen. 6V ist jetzt der „kleinste“ Motor dieser Reihe. Es gibt jedoch immer mal wieder Restbestände der 3V-Motoren.
Aufbau
Lackierung
Alle gedruckten Teile bzw. die vormontierten Baugruppen wurden mit Vallejo Primer 73.601 Grey grundiert. Anschließend bekam der Lorenrahmen eine Farbgebung in engine grey (Vallejo 71.048). Der Aufbau wurde in gunship green (Vallejo 71.014) lackiert, die Träger wurden schwarz (Vallejo 71.057) abgesetzt.
Die Deckplatte, die eine Sandladung imitieren soll, wurde in verschiedenen Sandtönen lackiert.
Alterung
Nur leichte Alterungsspuren wurden angebracht. Der Lorenrahmen erhielt via Trockenmalen etwas Schmutz und Rost. Der Aufbau dagegen wurde mit ASOA-Puderfarben behandelt und letztlich mit Klarlack versiegelt.
Montage
Lokrahmen
Der aus 6 Teilen bestehende Lorenrahmen wurde vor der Lackierung montiert und zur Montage wieder zerlegt. Als Räder wurden die Gawronschen-Edelstahlräder mit 22,5 mm Durchmesser verwendet. Im Maßstab 1:22.5 sind das typische Ns2-Lokräder. Hier im größeren Maßstab sind es eher Lorenräder. Diese Räder gab es mit 5,5 mm Bohrungen, in die Kunststoffbuchsen zur Isolierung gesteckt werden. Dann folgt die 3,5 mm Messing-Achse.
Beide Achsen sind mechanisch über eine Hettler-Kette und Kettenräder verbunden. Die Räder und Ketten stammen von SERV-O-LINK, man kann sie in Deutschland über Herrn Hettler beziehen. Alles ist in Zoll-Maßen angegeben. Hier konkret im Modell habe ich die SPROCKET, 12 teeth, 1/8 bore (12 Zähne, Bohrung ca. 3 mm) verwendet. Und dazu natürlich noch ein Stück Kette. Die Kettenräder habe ich wegen der größeren Achse auf 3,5 mm aufgebohrt und eine Bohrung nebst Gewinde für eine Madenschraube angebracht.
Der Getriebemotor treibt eine Achse über Kegelräder (Artikel 782020 von GHW Modelbauversand) an. An einem Kegelrad wurde die Bohrung auf 3,5 mm erweitert. Beide Räder bekamen Bohrungen und Gewinde für kleine Madenschrauben.
Dank der Metallräder bringt der Lorenrahmen schon jetzt 103 g auf die Waage.
Aufbau
Der Lorenaufbau besteht aus zwei Teilen. Die Besonderheit ist noch das Bedienpanel und die künstliche Beschwerung des Modells.
Das Fahrzeug besitzt neben dem Einschalter, der Ladebuchse und der Status-Led ein 100 Ohm Potentiometer zur Lautstärkereglung des Soundbausteins. Dieses Poti ist notwendig, der der Benedini-Sounddekoder sehr laut ist. Alle Teile sind auf einem Bedienpanel angeordnet, dass in den Rahmen geschraubt wird. Als Ladebuchse habe ich eine 3,5 mm Klinkenbuchse in Monoausführung verwendet. Wenn es der Platz zulässt, verwende ich lieber diese Buchsen statt der 2.5 mm Klinkenbuchsen. Immerhin wollen 1A Ladestrom durchgeleitet werden.
Die Status-Led in grün zeigt Koppelmodus zwischen Empfänger und Sender an. Sie blinkt, wenn beide Komponenten nicht miteinander verbunden sind. Sie blinkt schnell, wenn der Empfänger bereit zur erneuten Kopplung mit einem Sender ist. Sonst ist sie aus. Sie zeigt leider nicht den eingeschalteten Zustand des Fahrzeugs an.
Zur Erreichung des Zielgewichts von 600 g wurde in den Rahmen 260 g kleine Bleikugeln eingefüllt und mit Gießharz verfestigt. Das Unterteil des Aufbaus hat ein Gewicht von 59 g. Zusammen mit dem Ballastgewicht ergibt sich ein Gewicht des Aufbaus von 320 g.
Das farblose Gießharz (Breddermann R12GB Resin-Gießharzsystem) färbt sich bei der Aushärtung weiß. Zur Endmontage wurden Motor und Lautsprecher verschraubt und alle elektronischen Komponenten verkabelt. Der Deltang-Empfänger sowie der Benedini-Sounddekoder stecken in Schrumpfschläuchen.
Als Spannungsquelle dient ein 1S LiPo Akku mit 1500 mAh. Das reicht für viele Stunden Modellbetrieb. Das eine Bild zeigt den angeschlossenen Lipo-Lader. Extra für dieses Fahrzeug habe ich noch eine Variante für 3,5 mm Klinke angefertigt. Die Lade-Chips hatte ich mal in einer Kleinmenge bestellt, da sie hin und wieder kaputt gehen. Der USB-Anschluss auf der Platine ist nicht besonders standfest - fühlt sich an wie aufgeklebt.
Komplettiert wird das Fahrzeug durch einen Deckel, der nur aufgelegt wird. Die Schraube als Hebe-Hilfe ist echt hässlich, eine bessere Lösung fiel mir gerade nicht ein.
Galerie und Video
Galerie des fertigen Modells.
Download
Alle Einzelteile dieser Lore sind im STL-Format in ein Archiv gepackt. Das Seitenteil des Lorenrahmens gibt es in zwei Varianten, einmal für 6 mm Kugellager (3 mm Achsen) und für 7 mm Kugellager (3,5 mm Achsen).
Download 3D-Modelle
- fb22-motorlore-stl.zip [1,017.7 KB]
Fazit
Die Konstruktion mit Metallrädern, kugelgelagerten Achsen, 3V Getriebemotor, Hettler-Ketten sowie Deltang Rx6x Empfänger hat sich bewährt. Leider gibt es auch trübe Wolken: die Lösung ist in Zukunft nur bedingt nutzbar. Den Sorgenstart machen die wunderbaren Räder von Herrn Gawron, die es nicht mehr gibt. Dann werden die 2619-Getriebemotoren mit 3V nicht mehr hergestellt. Restbestände sind richtig teuer, wenn man sie überhaupt noch bekommt. Und dann noch das Problem mit den Deltang-Empfängern Rx6, deren Produktion nach 2020 nicht mehr gewährleistet ist. Alles keine rosige Aussichten.
Das Fahrzeug mit seiner üppigen Masse liegt sehr gut auf den Gleisen. Auch der Sound gefällt mir, wobei ich sonst kein großer Freund dieser Bausteine bin. Möglicherweise wird dies auch eine Einzellösung bleiben. Der Sound ist eine Spezialanfertigung von Herrn Benedini. Die Soundbausteine sind sonst eher bekannt aus LKW-Modellen oder Panzer. Er hat mir speziell einen Sound aus den Vorlagen (Diema Video 1 und Diema Video 2). Dabei handelt es sich um den 4-Zylinder-Motor einer Diema DS60. Ich finde, das Ergebnis ist gelungen.
Insgesamt ist ein schönen leistungsstarkes Fahrzeug entstanden, das zusammen mit den anderen Fahrzeugen eine gut Figur macht. Im Video sind einige Szenen des Wagens mit einer Ns1 zu sehen.
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