OS-Railway Geometrie


93 08.02.2020


Über das OS-Railway Gleissystem hatte ich bereits an einigen Stellen hier im Blog berichtet. In der Zwischenzeit habe ich mich noch ein wenig mit den Gleiskomponenten und deren Herstellung beschäftigt.


Mission

Der Schwede Olle Sköld hat das OpenSource Spielbahn System OS-Railway entwickelt. Neben einem Gleissystem, das gerade und gebogene Elemente sowie Weichen enthält, wurden Waggons und Lokomotiven vorgestellt. Das Gleissystem hat eine Spurweite von 32 mm und der Fuhrpark ist im Maßstab 1:45 gehalten. Alle Teile entstehen vorrangig im 3D-Druck. Komponenten anderer Modellbahnhersteller werden nicht benötigt. Da die Gleise in Kunststoff (PLA oder PETG) gedruckt werden, kann kein Schienenstrom fließen.

Spielbahnen im Maßstab 1:45 sind nicht mein primäres Ziel im Modellbau, jedoch kann das Gleissystem auf für andere Zwecke verwendet werden. Beispielsweise sind 32 mm Spurweite im Maßstab 1:16 außerordentlich feldbahntauglich (siehe Feldbahn 1:16). Aber auch im Maßstab 1:13 kann das Gleissystem verwendet werden. SE32 - seven/eighths heißt hier die offizielle Bezeichnung. In einem anderen Artikel werde ich mich dem SE32 intensiver widmen.

Sicher ist das Layout der Gleise in größeren Maßstäben bezüglich der Schienenprofile und der Schwellen alles andere als maßstabsgerecht. Aber Funktion und Herstellbarkeit können auch Vorrang haben. Insbesondere finde ich die Weichenkonstruktion sehr interessant.

In diesem Artikel möchte ich die Geometrie und Erweiterbarkeit beleuchten.

Warum Plaste-Schienen?

In den Maßstäben größer als 1:22,5 kann ich keine Anlagen bauen. Im besten Fall werden es kleinere Dioramen (siehe Beispiel Jenbach-Pony im Maßstab 1:22,5). Fahrzeuge in größeren Maßstäben sind etwas ganz Besonderes. Die Konstruktions- und Detaillierungsmöglichkeiten überragen die kleinen Modelle bei weitem. Um diesen Fahrzeugen hin und wieder Auslauf zu gönnen, benötige ich ein steckbares Gleissystem, das einfach herzustellen ist. Und genau dort ist das Einsatzgebiet des OS-Railway-Systems.

Ich fahre auf 32 mm Gleisen mit verschiedenen Maßstäben:

  • OS-Railway Fahrzeuge im Maßstab 1:45 als Spielbahn
  • Modellbahn-Fahrzeuge im Maßstab 1:16 oder 1:13

Komponenten

Olle Sköld hat ein Gleissystem mit folgenden Elementen entwickelt:

  • Gerade 100 mm
  • Gerade 200 mm
  • Gerade 230 mm
  • Gerade 240 mm
  • Kurve 30°, Radius 300 mm -> R2
  • Kurve 30°, Radius 400 mm -> R1
  • Weiche links 30°, Radius 400 mm
  • Weiche rechts 30°, Radius 400 mm

Alle Gleisstücken im OS-Railway-System verfügen über Verbinder.

Zeichnung von: TechMonkeyBusiness.
Zeichnung von: TechMonkeyBusiness.

Mit diesen Elementen lässt sich bereits eine Menge machen. Interessantes Zubehör haben andere Modellbauer konstruiert. Ein Vertreter sind Kreuzungen in verschiedenen Winkeln. Eine Übersicht hatte ich im Artikel „Überblick OS Railway“ abgelegt.

Gleisbetrachtungen

Die Abmessungen der Schwellen sind bei den einzelnen Gleisstücken recht verschieden. Die linke Abbildung zeigt im Vergleich ein Stück 200 mm mit zwei Stücken 100 mm. Alles gleich lang bei gleicher Schwellenanzahl, dennoch sind die Abmessungen der Schwellen verschieden.

Auf der rechten Abbildung sind verschiedene Gleisstücke aus dem originalen OS-Railway Bestand abgebildet. Die Schwellen der 100 mm Gleise wirken etwas auffällig.

OS-Railway kennt erst einmal 2 Radien: 300 mm und 400 mm. Damit kann man beispielsweise folgendes Gleisbild legen:

Es passt nicht ganz genau, aber Kunststoff ist auch etwas biegsam und in dieser Größe haben solche Ungenauigkeiten kaum Einfluss auf das Fahrverhalten.

Weichendetails

Die Konstruktion der Weichen ist wirklich gut gelungen. Es gibt bewegliche Zungen mit Drehgelenken. Der gebogene 30° Abzweig hat einen Radius von 400 mm. Das gerade Stück ist 100 mm lang. Der Stellvorgang ist manuell mit einem kleinen Stellhebel. Es geht auch elektronisch wie der Beitrag auf Thingiverse zeigt. Ein IoT-Prozessor treibt einen Servo an. Die Steuerung könnte per Handy übers WLAN erfolgen. Die Konstruktion in dem Beitrag ist noch nicht ausgereift, dennoch ist die Idee gut.

Detailbilder der OS-Railway-Bilder

Etwas problematisch ist der Herzstückbereich. OS-Railway kennt zwei Arten Scheibenräder mit verschiedenen Durchmessern. Die kleinen Radscheiben (14/18 mm Laufkranz/Spurkranz ) werden in den Drehgestellen der Waggons eingesetzt. Die Lokomotiven verwenden etwas größere Räder (16/22 mm) in anderen Drehgestellen. Das ist eine Art Baukasten, bei dem immer gleiche Teile verwendet werden. Eine Ausnahme bildet die RC6-Lokomotive, die maßstäblich konstruiert wurde und größere Scheibenräder verwendet. Auch bei meinen Konstruktionen verwende ich größere Räder.

Vergleich verschiedener Scheibenräder.
Vergleich verschiedener Scheibenräder.

Meine Räder in den Maßstäben 1:16 und größer sind jedoch viel gewaltiger.

Rad Laufkranz Spurkranz
OS-Railway Waggon 14 mm 18 mm
OS-Railway- Lok 16 mm 22 mm
Diema 1:16 26 mm 30 mm
BBA B360 1:16 30 mm 34 mm

OS-Railway-Weichen haben keine Flügelschienen und keine Radlenker am geraden Gleis.

Das linke Bild zeigt das Anstoßen des Laufkranzes an das Schienenprofil im Herzstückbereich. Das passiert, wenn der Achsabstand groß und/oder der Spurkranz zu breit ist. Zum einen könnte die Geometrie des Rades geändert werden. Oder mit einer Zange wird etwas mehr Platz geschaffen, wie im rechten Bild zu sehen ist. Gut, dass der Kunststoff einfach zu bearbeiten ist.

400 mm Kurvenradius im Maßstab 1:16 entsprechen im Vorbild 6,40 m. Das ist schon wie auf Grubenbahnen. Der kleinste Radius, den eine B360 druchfahren kann, liegt bei 5 m. Die im Bild sichtbare Fahrgestell einer Diema DS30 hat einen Achsabstand von 60 mm. Eine maßstäbliche B360 dagegen nur 40 mm.

Zwei Weichen können so verbunden werden, um ein Parallelgleis zu bilden:

Ausweich mit R2 (300 mm).
Ausweich mit R2 (300 mm).
Ausweich mit R1 (400 mm).
Ausweich mit R1 (400 mm).

Mit einer 60° Kreuzung kann folgendes Gleis gebaut werden:

Das gerade Gleisstück zwischen den Weichen (unterer Bildbereich) hat eine Länge von 87 mm. So ein Stück ist im Standard-Umfang von OS-Railway nicht enthalten. Für derartige Fälle muss das Gleissystem erweitert werden.

Gleise konstruieren

Auch wenn die fertigen Gleisstücke für die meisten Anwender ausreichend sind, kann immer wieder ein Bedarf an anderen Gleisstücken entstehen. Zur Konstruktion neuer Gleisstücken können die Fusion-360 Sourcen der geraden und gebogenen Gleise genutzt werden. Arbeiten auf dieser Ebene sind eher etwas für fortgeschrittene Nutzer. Etwas einfacher geht es mit parametrisierbaren Skripten, die in der Community existieren. Die Basis für 3D-Skript-Entwicklung ist meist Openscad. Das ist eine Programmiersprache, in der 3D-Objekte modelliert werden können. Viele druckbare Einzelteile der Prusa-Drucker sind beispielsweise in Openscad beschrieben. Die Quellen sind auf Github abgelegt.

Skript von Timo Novak (McTimmi-Skript)

Timo Novak (McTimmi) hat ein OpenSCad-Skript entwickelt, das OS-Railway-Gleise erstellen kann. Über Parameter im Skript können Einstellungen vorgenommen werden:

  • Gleisart: Gerade oder Kurve
  • Länge eines geraden Gleises
  • Kurvenradius und Kurvenlänge eines gebogenen Gleises

Die erstellten Elemente passen zu den OS-Railway-Gleisen, die Schienenprofile haben die gleiche rechteckige Form. Das Skript berechnet auch die Anzahl der Schwellen sowie die Schwellenabstände selbsttätig. So reichen wenige Parameter zur Erstellung eines neuen Gleisstücks aus. Seit der Version 2019.05 von Openscad können Parameterwerte komfortabel über einen Bildschirmbereich eingegeben werden.

Nach dem Rendern kann das Gleisstück als STL exportiert, gesliced und gedruckt werden. Nettes Feature: Länge und Winkel sind auf der Unterseite lesbar.

Das graue Gleisstück (unten) wurde mit dem
Skript konstruiert. Es gleicht dem OS-Railway-Original.
Das graue Gleisstück (unten) wurde mit dem Skript konstruiert. Es gleicht dem OS-Railway-Original.
Bei alles mit dem Skript erstellten Gleisen sind die
Daten auf der Unterseite eingraviert.
Bei alles mit dem Skript erstellten Gleisen sind die Daten auf der Unterseite eingraviert.

Nachfolgend ein Vergleich von 3 Gleisstücken. Das Stück in der Mitte (85 mm) stammt aus dem Skript. Darüber (240 mm) und darunter (100 mm) sind Gleise aus dem OS-Railway-Fundus. Das 100 mm Gleisstück fällt wegen seiner Schwellenabmessungen aus der Rolle.

Mit diesem brillanten Skript können beliebige Gleisstücken - wie auch das erwähnte 87 mm Stück - erstellt werden. Es sind keine besonderen Konfigurationen notwendig, nur Typ (Gerade oder Kurve) und die Länge sowie Kurvenradius angeben.

Skripte von Hamish Trolove

Hamish Trolove präsentiert unter TechMonkeyBusiness mehrere Openscad-Skripte für die Gleiserstellung. Neben der für mich interessanten Variante mit OS-Railway-Verbindern gibt es auch die Variante ohne diese Verbinder. Das kann für Vitrinengleise sehr interessant sein. Insgesamt sind es 4 Skripte, je zwei für gerade und gebogene Gleisstücken.

Das Gleis ist viel detaillierter, Schienenprofil und Schwellenbefestigungen sind deutlich ausgeprägt.

Ausgeprägtes Schienenprofil und richtige -Stühlchen zeichnen dieses Gleis aus.
Ausgeprägtes Schienenprofil und richtige -Stühlchen zeichnen dieses Gleis aus.

Auch die Einstellungen sind weitreichender:

  • Spurweite
  • Höhe des Schienenprofils
  • Anzahl Schwellen
  • Schwellenmaße (Länge, breite, Höhe)

Da entsteht sofort der Wunsch nach maßstabsgerechten Feldbahn-Gleisen bezüglich der Schwellenmaße und -Abstände.

Die Abbildung zeigt links das per OpenScad-Skript erzeugte Schienenprofil. Rechts daneben ein OS-Railway-Gleis, das mit dem McTimmi-Skript (siehe oben) erzeugt wurde. Auch die Schienenstühlchen sehen nett aus und machen das Gleis authentischer.

Während die Skripte für Gleise ohne Verbinder recht gut funktionieren gibt es bei den Varianten mit OS-Railway-Verbindern einige Probleme. Zum einen gibt es in der Berechnung der Verbinder einen Fehler, sodass diese Gleise nicht an die OS-Railway-Gleise passen. Die Abweichung sind zwar nur 2 mm, dennoch passt es einfach nicht.

Die OS-Railway-Verbinden passen nicht.
Die OS-Railway-Verbinden passen nicht.

Der Fehler liegt darin, dass die Schienenprofile breiter sind als bei den Gleisen von OS-Railway und damit die Abstandsberechnung der Verbinder nicht passt. Gut, dass es ein Skript ist. So kann man den Algorithmus prüfen und das Problem beheben. Aber es gibt noch zwei viel schwerwiegendere Probleme bei den gebogenen Gleisen.

Das Schienenprofil müsste bis auf den Verbinder reichen. So entsteht jetzt eine riesige Lücke. Und auf der Unterseite steht der Verbinder über. Das führt beim Druck dazu, dass alle Schwellen in der Luft hängen. Das Gleis ist nicht druckbar.

Für Dioramen oder Vitrinen lassen sich mit dem Skript gutaussehende Gleisstücken ohne OS-Railway-Verbinder drucken und hier auch mit den modellgerechten Schwellenmaßen. Eine Art Vitrinengleis ist ein Feldbahn-Stückgleis mit Rillenschwellen.

Vorn das 200 mm OS-Railway-Gleis. Dahinter die neuen
Stückgleise mit 160 mm Länge.
Vorn das 200 mm OS-Railway-Gleis. Dahinter die neuen Stückgleise mit 160 mm Länge.

Solche Vitrinen-Stückgleise lassen sich für verschiedene Spurweiten (30 oder 22 mm) konfigurieren.

Zur Erweiterung des OS-Railway Systems halte ich das Skript für ungeeignet, da die Parametrisierung schwierig ist und die genannten Fehler enthalten sind.

Fazit

Das Gleissystem von OS-Railway beinhaltet gebogene Gleise in zwei Radien, gerade Gleise in einigen Längen sowie eine Weichenform. Andere Gleisteile wie Kreuzungen sind ebenfalls verfügbar. Gleisstücken in anderen Radien und Längen lassen sich mit Openscad-Skript von McTimmi anfertigen.

Das Skript von Hamish Trovole kann optisch elegante Gleise erstellen. Die passen zwar nicht zu den OS-Railway-Gleisen, sehen in der Vitrine oder auf dem Diorama sehr gut aus. Ich empfinde die detaillierteren Gleise mit den ausgeprägten Schienenstühlchen und den geformten Schienenprofilen sehr angenehm, jedoch für den Betrieb auf einer Spielbahn oder zeitweilig aufgebauten Bahn nicht so wichtig.